Mythen und Geschichten
Pit und Jeb Petsches, so um 1912/14, etwa 18/20 Jahre alt, machten sich frühmorgens um 5 Uhr, im Heumonat Juni, auf den Weg in den Fransusen Goorten und Panz Brooch, um Gras zu mähen. Sensen. Ersatzblatt, Heurechen, Kescher mit Wetzstein am Hosenbund, Proviant im Rucksack, Viez war natürlich dabei, nur als Geschmacks Verstärker, damit nicht gänzlich die Viez – Gaumenfreuden verloren gingen. Der Viez wurde gemischt mit dem, um diese Jahreszeit besseren Wasser aus dem Greimerather Bach. Dieses Wasser war eiskalt, sauber, wie die meisten Bachgewässer seiner Zeit und voller Forellen, die mit der Hand gefangen wurden. Der Weg war weit, vom Petsches in den Fransusen Goorten und Panz Brooch so an die mind. 2 km. Die beiden jungen Männer legten direkt richtig los, denn es gab gleich mehrere Wiesen zu Mähen. Zuerst die zwei kleineren Wiesen im Fransussen Goorten auf Schwade zu legen und anschießend aus- einander zumachen um zu Trocknen. Da geht schon seine Zeit drauf, mit Päuschen dazwischen. Nach den ersten beiden Wiesen gings nach Panz Brooch. Hier wurde eine größere Pause gemacht. Da stand eine alte Tanne auf der Wiese, direkt am unteren Ende. Der richtige Platz mit bisschen Schatten. Die Sonne stand schon hoch, kein Wölkchen am Himmel und richtig schwül heiß. Eigentlich schon zu warm, um zu Mähen. Mähen war kein Zuckerschlecken und forderte die volle Manneskraft. Die beiden standen voll im Saft und foppten sich gegenseitig, wer als erster oben angekommen war. Dann wurde geruht, indem der Wetzstein über das Sensblatt geschwungen wurde und schwubs, weiter gings. Gegen Nachmittag wurde eine Pause gemacht, auf dem Rücken liegend so ein bisschen dahingedöst. Unter dem schattigen Baum, die Augen zu, merkten die beiden Brüder zunächst nicht, was auf sie zu kam. Es wurde zusehends dunkler, der Wind kam auf, es donnerte, die ersten Regentropfen fielen herunter. Eine Regen App gab es zu der Zeit nicht, Radio auch nicht, alles nach Gefühl und Erfahrung. Aber Heute war es irgendwie schiefgelaufen. Was ist das, oh je, über dem Judenkopf, alles Pechschwarz und das Gewitter kam schnell, sehr schnell. Was tun? Sie wussten von Erzählen der Eltern und Großeltern her, wenn ein Gewitter über den Judenkopp kam, dann wurde es heftig. Sie erinnerten sich an die Erzählung, dass am 24.Mai 1898, so vor etwa 15 Jahren, dass ein gewaltiger Wolkenbruch mit Gewitter über den Judenkopf kam und sich innerhalb einer Stunde in dem Wiesentale, genau dort wo sich die beiden aufhielten niedergegangen ist. Sie wussten aus den Erzählungen, dass die Wolken kaum 1 Meter über dem Boden hingen und so gewaltig war das der Greimerather/ Losheimerbach mit den Nebembächen das ganze Wiesental, bis Losheim überflutete und alles mitriss was sich in den Weg stellte. Die mit schweren Quadersteine gebaute Brücke in Losheim in der Provinzialstraße, die Brücke in der Pfarrhausstraße wurde von der Flut weggerissen. In dieser Straße stand das Wasser bis an die Freitreppe des Pfarrhauses. Giebelwände wurden von den Wassermassen eingerissen, ganze Misthaufen schwammen in Richtung Niederlosheim. In einer Stunde war der Spuck vorbei, Menschenleben wurde nicht beklagt. Die beiden wussten nu aus diesen Erzählungen zu gut, nur von dem Baum weg. Der war der einzige weit und breit. Nichts wie weg. In aller Eile wurden die Habseligkeiten eingesammelt, Sensen, Rechen blieben liegen; die Beine unter den Bauch geklemmt und ab die Post. Sie rannten so schnell sie konnten dem Dorf entgegen, immerhin von da 2,5 km, obwohl es im Kopf längst klick gemacht hatte, das schaffen wir nicht mehr. Sie gaben Fersengeld, was das Zeug hält. Doch die Gewitterfront war schneller und heftiger denn je, es regnete, es schüttete, was das Zeug hält. Bei jedem Donner, der immer heftiger wurde, zuckten sie zusammen. Beide waren patschnass, bis auf die Haut und rangen nach dem anstrengenden Mähen am Morgen nach Luft. Plötzlich wurde es grellhell. Beide zuckten zusammen, schauten sich um, stolperten und fielen der Länge nach hin und blieben vor Schreck, in einem Wasserablaufgraben, liegen. Das Herz rutschte ihnen in die Füße, gleichfolgend ein ohrenbetäubender Donner. Was sie da sahen, lies das Blut kochen und sie rangen beide nach Luft. Ein Kugelblitz traf den Baum. Sie waren ja erst ein paar hundert Meter gelaufen. Der Baum fing sofort Feuer, da wo sie vor kurzer Zeit noch ein Nickerchen machten; rollte über die Wiese zum Bach, wo er zischend liegenblieb. Den beiden blieb kaum Zeit zum Luft holen, da fing es an zu hageln, der Himmel öffnete seine Toren. Hagelkörner groß wie Hühnereier, donnerte auf die Wiese, wo die beiden am Boden liegend, die Arme um den Kopf gelegt hatten. Sie rührten sich keinen Millimeter vom Fleck, so war Ihnen der Schreck in die Glieder gefahren. Um sie herum war alles weiß, wie im Winter. Wie lange die beiden so da lagen, konnten sie im Nachhinein nicht mehr sagen. Diese Art der Gewitter sind in der Regel kurz, entladen sich meistens durch ein, zwei gewaltige Blitze und Donner hintereinander, mit gewaltigen Regenmassen und oft mit Hagel. So geschehen. Jedenfalls machten sie sich auf den Weg, mehr laufend als gehend, ohne sich umzudrehen und ohne miteinander zu reden. Im Dorf angekommen- zu der Zeit begann das Dorf, In der Palz- quasi vor der Haustür, heutige Triererstr. Im Jungenwald, am Zoll, war alles Wald und Feldweg. Die B 268 wurde erst in den 20/30-ziger Jahren so ausgebaut. Zu Hause angekommen wussten die Eltern was geschehen war. Sie hatten auch was abgekommen, aber nicht so heftig, hatten das Gewitter verfolgt, dachten aber, das zieht über Zerf/Greimerath weg. Aber da war noch was, was in die Hosen der beiden jungen Männer ging. Darüber wurde nicht gesprochen. Sie hatten in ihren jungen Jahren Lehrgeld bezahlt und im Grunde dabei alles richtig gemacht.